Das Fest der Liebe sorgt für Druck
Bad Hersfeld – Die Vorweihnachtszeit und die Feiertage sind für viele Familien eine Zeit der Besinnlichkeit und des Zusammenkommens. Doch gerade an Heiligabend steigt das Streitpotenzial, wenn die Erwartungen an das perfekte Fest zu Konflikten führen. Psychologin Anne-Katrin Mohnert von der Klinik am Hainberg in Bad Hersfeld erklärt, warum es in dieser Zeit häufiger zu Spannungen kommt und gibt Tipps, wie man trotzdem ein harmonisches Weihnachtsfest verbringen kann.
Frau Mohnert, warum knallt es eigentlichen am besinnlichsten Tag des Jahres so oft?
Einer der Hauptgründe für Streit an den Feiertagen ist, dass oft alle Generationen auf einmal aufeinandertreffen. Man freut sich zwar auf das Fest mit der Familie, aber das bringt auch Druck mit sich. Da können schonmal Meinungsverschiedenheiten auftreten, die zu Streit führen.
Also denken sie, dass Generationenkonflikte ein Hauptgrund für Streitigkeiten sind?
Ja absolut, denn jeder entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter und gerade wenn man sich längere Zeit nicht gesehen hat, können sich Themen ansammeln. Wenn die dann zur Sprache kommen, können die Meinungen schnell auseinander gehen und Konflikte entstehen.
Wo liegt der sprichwörtliche Hase außerdem im Pfeffer an den Feiertagen?
Die Bezeichnung „Das Fest der Liebe“ allein sorgt oft schon für Druck. Viele Menschen gehen mit hohen Erwartungen in die Feiertage und haben alles im Voraus perfekt geplant, doch die Realität kann manchmal enttäuschen. Oft versucht man auch, es allen recht zu machen, was zusätzlichen Stress auslöst. Ein weiterer Faktor kann der Konsum von Alkohol sein. Der kann die Zunge lösen und es wird etwas gesagt, was gar nicht so gemeint ist.
Haben Sie einen Masterplan, um Streit zu vermeiden und fürs wunderbare Weihnachtsfest?
Das Erste, was mir einfällt, ist, die schöne Zeit wirklich zu genießen und sich nicht im ganzen Stress und den Erwartungen zu verlieren. Wichtig ist auch, Kompromisse zu finden. Man sollte akzeptieren, dass Meinungen unterschiedlich sein können und jeder andere Sichtweisen hat. Vielleicht kann man auch vorher schon klären, welche Themen besser nicht unter den Weihnachtsbaum gehören und stattdessen einen anderen Zeitpunkt finden, um darüber zu sprechen. Außerdem ist es wichtig, nicht zu starr an Traditionen festzuhalten, nur weil es immer so war oder weil es von außen erwartet wird. Wenn jemand Weihnachten nicht feiern möchte, vielleicht lieber in den Urlaub fährt, sollte das genauso akzeptabel sein, wie wenn jemand darin aufgeht. Am Ende ist es wichtig, selbst zu entscheiden, was sich für einen gut anfühlt.
Warum haben viele ein so konkretes Bild vom perfekten Weihnachtsfest?
Ich glaube, jeder hat seine eigenen Vorstellungen davon, wie Weihnachten aussehen soll. Aber der zunehmende mediale Austausch der letzten Jahre, zeigt wie das vermeintlich perfekte Familienfest ablaufen sollte und nicht jeder will oder schafft dies zu erfüllen.
Aber können wir denn überhaupt abschalten, was die Vorweihnachtszeit und die Feiertage betrifft?
Ich würde sagen, das ist eine Einstellungsfrage. Der eine freut sich auf die Weihnachtszeit und kann nicht früh genug loslegen, um zu schmücken und zu planen. Manch andere haben da keinen Kopf für. Aber ich denke, dass es durchaus möglich ist, gelassen zu bleiben.
Wie sieht es nach den Feiertagen aus, rutschen da viele Menschen in ein Tief oder den „Winterblues“?
Ein großes Thema ist tatsächlich der Winterblues, der aufkommt, wenn die Tage kürzer werden und die Aktivität sinkt. Der Dezember kann mit seinen Lichtern und Weihnachtsmärkten für viele noch mal etwas Schönes und Aufmunterndes sein, aber dann kommt der Jahreswechsel und vielleicht Neujahrsvorsätze. Man startet motiviert, doch oft merkt man im Januar oder Februar, dass man die gesetzten Ziele nicht erreichen kann und das führt dann zu Enttäuschungen.
Frau Mohnert, wie sieht denn das Weihnachtsfest bei ihnen persönlich aus?
Ich feiere Weihnachten bei meiner Schwiegerfamilie ganz klassisch unterm Weihnachtsbaum.
Anne-Kathrin Mohnert (34) lebt in der Umgebung von Bad Hersfeld und ist inzwischen leitende Psychologin an der Klinik am Hainberg in Bad Hersfeld. Nach ihrem Psychologiestudium in Erfurt ist sie dort seit mittlerweile zehn Jahren tätig.
LOUISA BÖGGE (Quelle: HZ v. 20.12.2024)